der Hintergrund

Anmerkungen des Regisseurs Martin Guggisberg zu «Usgrächnet Gähwilers»

Ich war im Jahr 2011 in Afrika als Fotograf für ein Schweizer Magazin unterwegs. Wir reisten damals mit so einem „Luxuszug“ für Touristen von Tansania über Sambia nach Botswana und mir kam die Idee für den Film „Usgrächnet Gähilwers“ beim Beobachten der Szenen zwischen den Touristen und der afrikanischen Bevölkerung an den Bahnhöfen – die kulturellen Unterschiede konnten nicht grösser sein und die Begegnungen hatten oft eine unfreiwillige Komik. Genau diese Diskrepanz zwischen zwei Welten war der Ausgangspunkt für meine Geschichte, denn was mir dabei aufgefallen ist: Im Urlaub wünschen wir uns das Fremde in der Fremde, um anschliessend bei unseren Freunden anzugeben. Wir lassen uns gerne von der Exotik anderer Kulturen begeistern, von anderen Farben, Gerüchen, Bräuchen. Doch wie sieht es mit dem Fremden bei uns zu Hause aus, in unserer Sicherheitszone? Da ist das Fremde leider oft unerwünscht und wir begegnen diesen und jenen Menschen mit Misstrauen, denn „die wollen sicher was von uns“. Ich wollte einen Film machen, der dieser Doppelmoral auf den Grund geht und sie dabei satirisch verarbeitet.

Je mehr ich mich mit der Thematik auseinandersetzte, desto mehr realisierte ich auch, dass es eigentlich vielmehr um die Angst vor der Nähe geht. Es scheint einfacher, das Fremde als Ursache zu sehen, als sich einzugestehen, dass Angst in einem selber zuerst Wurzeln schlägt und sich gern auch in der näheren Umgebung niederlässt. Am Anfang ist es die Angst vor Afrika, doch am Ende ist es Muri bei Bern, welches die Protagonisten des Filmes „Usgrächnet Gähilwers“ das Fürchten lehrt. Es geht mir in diesem Film nicht darum, jemanden zu verurteilen, sondern mit Humor Brücken zu schlagen und aufzuzeigen, wie absurd diese globalisierte Welt geworden ist. Es gibt kausale Zusammenhänge zwischen unserer ersten und dieser dritten Welt. Unser Wohlstand ist gekoppelt an die Armut dieser Länder. Ich glaube aber, dass man das Thema des Neokolonialismus’ nicht nur mit einem moralischen Zeigefinger, sondern auch mit einer gewissen Leichtigkeit und mit Humor den Zuschauern näherbringen kann.

Ich will die Menschen ins Kino locken, weil mit dieser Geschichte eine satirische Parodie auf eine weltweite Situation aufgezeigt wird und die uns so einen Spiegel vorhält. Denn wenn anschliessend an das Kinoerlebnis, noch eine zweite, ernsthaftere Sicht auf diese Geschichte nachklingt – so habe ich als Filmemacher mein Ziel erreicht. Erst wenn wir uns bewusstwerden, dass wir zu diesen Problemen auch Lösungen formulieren können, wird es uns gelingen, die angespannte Situation in Europa zu verändern. Ich wünsche mir, dass dieser Film in der Form einer satirischen Komödie zum Dialog zwischen diesen Welten beiträgt.

Martin Guggisberg

martin_guggisbergGeboren 1971 in Bern, Schweiz. 1996-98 London Film School. Besucht diverse Kurse mit Wojciech Marczewski, Jasmine Hoch, Lena Lessing und Gilles Foremann. Masterclass bei Susan Batson. Arbeitet als Fotograf für Tageszeitungen & Magazine, Drehbuchautor und Regisseur. 2006 Gründet mit Ruth Schwegler die Produktionsfirma so&so gmbh in Zürich. Seit 2016 Vorstandsmitglied des Verbands Filmregie und Drehbuch Schweiz ARF/FDS.

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